Alternierende Telearbeit für mehr Flexibilität
Familie und Beruf, Kind und Karriere. Wie bekommt man das als Eltern gut unter einen Hut? Die Antwort: Arbeitszeit- und Arbeitsplatzflexibilisierung! Genau das bietet die Stadt Essen mit der alternierenden Telearbeit.
Mit der Dienstvereinbarung von 2012 unterstützt und fördert die Stadt Essen Mitarbeiter*innen, die ihre individuelle regelmäßige Arbeitszeit teilweise zu Hause (häusliche Arbeitsstätte) und teilweise in der Dienststelle (betriebliche Arbeitsstätte) erbringen wollen, wo es möglich ist.
Welche Aufgaben übernehmen Sie bei der Stadt Essen?
„Ich bin seit 2007 im Fachbereich Organisation und Personalwirtschaft eingesetzt und seit 2018 als Teamleiterin im Bereich „Personalentwicklung und Generelle Angelegenheiten Personalmanagement“ für einen bunten Mix an Aufgaben verantwortlich.
Schwerpunktmäßig gehört dazu die Beratung der Mitarbeiter*innen in allen Fragen ihrer beruflichen Entwicklung sowie die Ausschreibung von internen Personalentwicklungsangeboten, wie zum Beispiel den Verwaltungslehrgang I, den Verwaltungslehrgang II, den Verwaltungslehrgang II in Abendform (seit 2020) sowie die Qualifizierungen und Verwaltungsstudiengänge. Ebenso zählt die Bearbeitung von generellen Themen wie Wissensmanagement, Mitarbeiterbindung, Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie andere übergeordnete Themen des Personalmanagements und das Führen von Auswahlgesprächen zu unseren Aufgaben.“
Seit wann nutzen Sie Telearbeit und warum?
„Als ich 2015 Mama geworden bin, war mir klar, dass ich nach einem Jahr Elternzeit mit einer hohen Wochenstundenzahl zurückkommen und dennoch Zeit für mein Kind haben möchte. Eine Teilzeitbeschäftigung habe ich mir in meinem Aufgabenbereich nicht vorstellen können und mir war es wichtig, in meinen Aufgaben drin zu bleiben. Telearbeit war daher für mich eine gute Lösung. Man kann die Telearbeit sehr gut an die eigenen familiären Bedürfnisse anpassen.
Telearbeit bedeutet bei mir, dass ich an einem Tag in der Woche komplett von zu Hause aus arbeite und an einem weiteren Tag untertägig. Untertägig heißt hier, dass ich vormittags im Büro bin und nachmittags bzw. abends von zu Hause aus weiterarbeite. An beiden Tagen kann ich meinen Sohn so morgens in die Kita bringen und ihn nachmittags auch abholen, ohne ständig auf die Uhr gucken zu müssen. Den Nachmittag können wir dann als Familienzeit verbringen, weil ich dafür abends noch ein paar Stunden am PC arbeite.“
Was ist der Unterschied zwischen Telearbeit und Homeoffice?
„Ein Unterschied ist, dass ich im Rahmen der Telearbeit zu Hause einen fest eingerichteten Arbeitsplatz habe. Als ich 2016 damit startete, kam auch die Arbeitssicherheit zu mir nach Hause, um meinen Arbeitsplatz unter Arbeitssicherheitsaspekten unter die Lupe zu nehmen, beispielsweise, ob die Tischhöhe und der Blendschutz richtig eingestellt sind oder ob der Schreibtischstuhl den Anforderungen entspricht.
Homeoffice ist eher vergleichbar mit mobilem Arbeiten. Sozusagen, dass ich mir meine Sachen im Büro schnappe und irgendwo arbeite. Das ist im Rahmen der Telearbeit nicht der Fall. Mein Arbeitsplatz zu Hause ist wie mein zweites Büro.“
Was passiert im Vorfeld, bevor man Telearbeit machen kann?
„Seit 2012 gibt es die Dienstvereinbarung „Alternierende Telearbeit“, die das Vorgehen festlegt. Man muss einen entsprechenden Antrag stellen und die IT- und arbeitstechnischen Voraussetzungen müssen im Vorfeld geklärt werden. Ebenso muss der Fachbereich beurteilen, ob die zur Stelle gehörenden Aufgaben überhaupt von zu Hause aus erledigt werden können. In fremdgesteuerten Bereichen mit viel Publikumsverkehr ist das wahrscheinlich eher weniger möglich. Wenn ich aber meine Termine selber koordinieren kann, ist Telearbeit in wirklich vielen Bereichen der Verwaltung möglich.
Voraussetzungen für die Beantragung sind unter anderem, dass man mindestens drei Jahre Berufserfahrung im ausgeübten Beruf hat, die aktuelle Stelle schon ein Jahr ausfüllt und mindestens mit der Hälfte der regelmäßigen Arbeitszeit tätig ist. In Ausnahmefälle ist Telearbeit auch früher möglich. Ein Arbeitszimmer ist aber nicht zwingend notwendig. Ein ruhiger Bereich in der Wohnung reicht ebenfalls.“
Welche Telearbeitsmodelle gibt es?
„Laut Dienstvereinbarung soll man mindestens zwei Tage in der Woche im Büro sein. Es gibt aber auch das Modell der 5-tägigen Telearbeit. Das bedeutet, dass man jeden Tag vormittags im Büro ist und die noch fehlenden Stunden dann nachmittags/abends zu Hause erledigt. Das klassische Modell ist aber in meinen Augen schon, dass man tageweise von zu Hause aus arbeitet und gar nicht ins Büro kommt.“
War die Umstellung leicht oder schwierig?
„Für mich war es keine Umstellung, weil ich selbst koordinierte Termine schon immer so gelegt habe, dass ich freie Tage zum konzentrierten Arbeiten habe. Im Büro habe ich ein Körbchen, in dem ich bewusst Aufgaben für die Telearbeitstage sammele. Auf die Tage im Büro lege ich dann die Termine und Sitzungen, die eine Anwesenheit erfordern. Und wenn eine Anwesenheit am Telearbeitstag erforderlich ist, komme ich natürlich auch ins Büro.“
Welche Vorteile bietet Telearbeit?
„Für mich ist der größte Vorteil der Telearbeit die Flexibilität, vor allem, wenn man eine Familie hat. Allein schon, weil man die Zeit für den Arbeitsweg spart. Und es ist total praktisch, wenn sich z. B. ein Handwerker oder der Schornsteinfeger ankündigen und man diese Termine bewusst auf die Tage legen kann, an denen man zu Hause arbeitet, ohne hierfür Urlaub nehmen zu müssen.
Für mich bedeutet Telearbeit, ungestörter arbeiten zu können als manchmal im Büro. Im Büro kann es immer vorkommen, dass jemand mit einem Anliegen oder einer Frage reinkommt. Das passiert zu Hause einfach nicht.“
Gibt es auch Nachteile?
„Telearbeit setzt Vertrauen zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern voraus. Denn der Vorgesetzte muss sicher sein, dass die Zeit zu Hause auch wirklich für die Arbeit genutzt wird und keine privaten Dinge erledigt werden.
Andersherum passiert es einem als Mitarbeiter eher, dass man erst recht ständig erreichbar sein will, um sich nichts nachsagen zu lassen. Mir ist es auch schon passiert, dass ich nachmittags beim Spielen mit meinem Sohn trotzdem ans Telefon gegangen bin, obwohl ich eigentlich gerade nicht im Dienst war.
Dennoch denke ich, dass sich Nachteile erst ergeben, wenn die Kommunikation nicht vernünftig funktioniert. Mir ist es beispielsweise wichtig, dass mein Team weiß, dass man mich telefonisch ganz normal erreichen und mich alles fragen kann, auch wenn ich nicht vor Ort bin.
Zudem sollten Telearbeitstage gedeckelt sein, denn Präsenzzeiten sind genauso wichtig für Aufgaben, die ich nur vor Ort erledigen kann. Für mich als Führungskraft bedeutet das, dass ich Aufgaben, die eine Präsenz erfordern, nicht an mein Team abgebe. Denn meine Telearbeitstage dürfen nicht zum Nachteil für die Kolleginnen werden.“
Nutzen viele Kolleg*innen Telearbeit bei der Stadt?
„Telearbeit gewinnt in der Verwaltung immer mehr an Bedeutung. Immer mehr Frauen, die schnell ins Berufsleben zurückkehren wollen, nutzen Telearbeit, um ein Stück weit flexibler zu sein. Von allen Mitarbeiter*innen, die Telearbeit nutzen, sind aktuell 2/3 Frauen. Das kann sich in Zukunft aber ändern, da Telearbeit nicht mehr zwingend an familiäre Voraussetzungen gekoppelt ist. Wenn der Aufgabenbereich es zulässt, wird es wohl immer ausgewogener werden.
Telearbeit steigert auch die Attraktivität der Stadt Essen als Arbeitgeberin und hebt sie gegenüber anderen Arbeitgebern ab. Unter dem Aspekt Mitarbeiterzufriedenheit ist das etwas, womit man in meinen Augen punkten kann.“