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Umwelt
Natur
16.02.2022
14 Min

Das Erbe der Grünen Hauptstadt Europas

Essens erster Fortschrittsbericht


Der Schutz der Umwelt und nachhaltiges Leben für die nachfolgenden Generationen – dies sind die größten Aufgaben und Herausforderungen, denen sich die Länder und Städte in diesem Zeitalter stellen müssen. Die Stadt Essen hat spätestens mit dem Titelgewinn „Grüne Hauptstadt Europas – Essen 2017“ den Anspruch und die Verpflichtung, diese ehrgeizigen Ziele zu verfolgen, auch und vor allem über das Jahr der Grünen Hauptstadt hinaus. Dafür wurde im Jahr 2018 die Grüne Hauptstadt Agentur gegründet. Denn die Maßnahmen und Ziele müssen begleitet, beobachtet und nachgehalten werden, damit sie zum Erfolg führen können. Der Fortschrittsbericht der Grünen Hauptstadt Agentur liefert genau das: Er dokumentiert nicht nur die Projekte und Aktivitäten der Stadt Essen, sondern zeigt auch auf, welche Wirkung sie bisher für den Umwelt- und Klimaschutz gehabt haben und welche Schritte noch gemacht werden müssen.

Der Fortschrittsbericht umfasst auf knapp 200 Seiten insgesamt zwölf Themenfelder, die bereits bei der Bewerbung zur Grünen Hauptstadt 2017 im Mittelpunkt standen. Bei jedem Themenfeld wird im Bericht der gegenwärtige Zustand beschrieben, die dazugehörigen Aktivitäten und Projekte erläutert, Pläne für die Zukunft aufgeführt und ein Fazit gezogen. Aufgrund der Fülle der Informationen und Daten hier zu jedem Themenfeld nur ein sehr verkürzter Eindruck:

1. Anpassung an den Klimawandel und Klimaschutz

Beim Klimaschutz ist eines der wichtigsten Ziele, dass immer weniger schädliche Treibhausgase, CO2, ausgestoßen werden. Im Zeitraum 1990 bis 2017 sind die Treibhausgasemissionen von 6,21 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente (CO2e) auf 4,17 Mio. Tonnen CO2e gesunken. Das ist ein Rückgang um 32,9 Prozent. Ziel ist, eine „Netto-Null“ bei den CO2-Emissionen zu erreichen. Der Rat der Stadt Essen hat dieses Ziel erst vor kurzem noch einmal angepasst. Sah der Ratsbeschluss aus dem Jahr 2020 noch vor, dass Essen bis 2050 die Klimaneutralität erreicht (wie auch im Fortschrittsbericht zu finden), nennt der Beschluss vom August 2021 nun einen neuen, deutlich verkürzten klimapolitischen Zielkorridor. Danach will die Stadt Essen eine "Netto-Null" bei den CO2-Emissionen bereits zwischen den Jahren 2030 und 2040 erreichen - dies unter Berücksichtigung der Temperaturbandbreite von 1,5 bis 1,75 Grad des Pariser Klima-Abkommens.

Zum Klimaschutz und zur Klimaanpassung gibt es mehrere Maßnahmen und Projekte der Stadt Essen, beispielsweise BaumAdapt, das den Erhalt der städtischen Bäume unterstützt, die Errichtung von Baumrigolen in der Stadt, um Regenwasser besser zu nutzen oder auch die Gründach-Initiative, die das Bepflanzen von Dächern vorantreibt. Dies sind nur einige Beispiele von vielen.

2. Mobilität

Die Stadt Essen verfolgt das Ziel, eine Veränderung des Anteils der vier Fortbewegungsarten, nämlich motorisierter Individualverkehr (MIV), ÖPNV, Radverkehr und Fußverkehr (sogenannter Modal Split) auf jeweils anteilig 25 Prozent bis 2035 zu erreichen.

 198920012011201920252035
ÖPNV*12%16%19%19%21%25%
MIV**55%54%54%55%44%25%
Fahrrad4%3%5%7%11%25%
zu Fuß29%27%22%19%23%25%

*Öffentlicher Personen-Nahverkehr **Motorisierter Individualverkehr

Um dieses Ziel zu erreichen, sind vielfältige Maßnahmen in unterschiedlichsten Bereichen nötig. Darunter beispielsweise der Ausbau des Essener Radwegenetzes, ein größeres Angebot an Ladesäulen für E-Autos im Stadtgebiet oder auch verbesserte Angebote im ÖPNV. Die CITYBAHN ist dabei eines der großen Projekte, um klimafreundlicher von A nach B zu kommen und noch mehr Menschen dazu zu bringen, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu fahren.

Die zahlreichen laufenden Projekte wurden zwar politisch mit deutlicher Mehrheit beschlossen. Sie bedeuten allerdings nicht nur einen Vorteil für den Umwelt- und Klimaschutz, sondern oft auch einen großen Eingriff in den bisher gewohnten Raum und Ablauf im Leben der Essener*innen, zum Beispiel durch den Wegfall von Parkraum. Hier ist immer ein nachhaltiges und sensibles Abwägen nötig sowie eine gute und leicht verständliche Kommunikation zwischen allen Akteur*innen und Bewohner*innen der Stadt Essen.

3. Grünflächen/Landnutzung

Essen ist die drittgrünste Stadt Deutschlands. Dafür sorgen nicht nur mehr als 700 Grünanlagen, sondern auch über 400 Spielplätze und mehrere große repräsentative Parks in den Stadtteilen. Der Grugapark bietet als "grünes Flaggschiff" Angebote auf Gartenschau-Niveau. In Essen gibt es 1750 ha städtischen Wald, der als naturnaher Erholungswald bewirtschaftet wird und nach dem ökologischen FSC-Standard zertifiziert ist. Dies schafft eine weitere Grundlage für Naturräume in der Stadt und in unmittelbarer Umgebung. Auch ein ausgedehntes Naturschutzgebiet von europäischem Rang hat die Großstadt Essen zu bieten. Mit der Heisinger Ruhraue verfügt sie über ein Rückzugsgebiet für seltene Tier- und Pflanzenarten auf einer Fläche von 150 ha.

Der Erhalt und Ausbau von Grünflächen steht dabei immer in Konkurrenz zur notwendigen Nutzung der Flächen, sei es durch Wohnungs- oder Straßenbau. Durch Projekte wie Essen.Neue Wege zum Wasser, Freiheit Emscher oder die anstehende IGA 2027 wird stetig daran gearbeitet, die Qualität und den Anteil von grünen Flächen in der Stadt zu erhöhen.

Wichtig ist aber auch, die Essener Bürger*innen zu beteiligen und einzubinden. Das private Engagement städtisches Grün weiterzuentwickeln (beispielsweise durch Baumpatenschaften) sowie die Initiativen von Urban Gardening auf städtischen (Grün-)Flächen sollen auch weiterhin ausgebaut und unterstützt werden. Dies gilt auch für Wildblumen- und Streuobstwiesen sowie sonstige insektenfreundliche Gestaltung von Haus- und Kleingärten. Bürgerinitiativen, Vereine oder einzelne Personen können viel durch ihre Arbeit und Ideen bewegen und unterstützen damit die Stadt Essen gemeinsam die grünen Ziele für eine lebenswerte Stadt zu erreichen.

4. Natur und Biodiversität

Der Schutz von Freiraum-Flächen wird in Essen von mehreren Naturschutz- und Landschaftspflege-Projekten unterstützt und vorangetrieben.

Unter anderem gehört die Heisinger Ruhraue im Essener Süden zu einem Natura-2000-Gebiet. Natura 2000 ist ein zusammenhängendes Netz von Schutzgebieten innerhalb der Europäischen Union. Länderübergreifend sollen gefährdete wildlebende und heimische Pflanzen- und Tierarten und ihre natürlichen Lebensräume geschützt werden. Bei der Heisinger Ruhraue soll beispielsweise die Auwaldfläche erhalten und erweitert werden. Es fanden bereits mehrere Anpflanzungsmaßnahmen und Arbeiten an den Stillgewässern statt. Dort kann beispielsweise der Eisvogel beobachtet werden, der durch die Renaturierung des Ruhrufers wieder Steilufer zum Nisten hat.

Auch das Naturschutzgebiet Mechtenberg gehört zu den Projekten: Das Gebiet wird größtenteils ackerbaulich genutzt. Nach ökologischen Vorgaben im Pachtvertrag legte der Landwirt in den Jahren 2017–2020 Ackerrandstreifen sowie Blühstreifen mit regionalen Saatgutmischungen an. Auf den mageren Wiesen der Mechtenbergkuppe kümmern sich Biologische Station und Untere Naturschutzbehörde um die Erhaltung des Wildbienenvorkommens.

Die verschiedenen Projekte und Maßnahmen haben bereits erste Wirkung gezeigt: Der Uhu ist beispielsweise wieder Brutvogel in Essen. Auch die bedrohte Kreuzkröte konnte sich durch neu geschaffene Naturschutzgebiete in Essen erholen. Allerdings sind viele Tier- und Pflanzenarten weiterhin durch den Verlust von Lebensräumen bedroht, dies zeigt auch die Entwicklung weltweit.

5. Luftqualität

Die Luftqualität in der Stadt Essen hat sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immens verbessert. Durch strengere Emissionsgesetze, durch den Wandel von Kohle über Öl, später auf Gas und Fernwärme oder auch durch Luftreinhaltepläne konnte die regionale Belastung durch Schwefeldioxid seit den 1960er Jahren um mehr als 95 Prozent und die Gesamtstaubbelastung um 80 Prozent reduziert werden.

Auch die EU-Grenzwerte für Feinstaub (PM10), der Zielwert für lungengängigen Feinstaub (PM2,5) und der 8-h-Zielwert für Ozon (O3)16 sind in den letzten Jahren im Stadtgebiet eingehalten worden. Das gilt mit Ausnahmen auch für die innerstädtischen Stickstoffdioxidkonzentrationen. Dort sorgten vor allem zwei Stationen an der BAB 40 (in Frohnhausen und an der Krayer Straße) noch zeitweise für etwas höhere Werte.

Der sogenannte motorisierte Individualverkehr (MIV) ist der Hauptverursacher von schädlichem Stickstoffdioxid. Den Autoverkehr zu reduzieren ist damit eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Luftqualität in der Stadt Essen weiter zu verbessern. Beispielsweise wurde dafür ein 5-/10-Minuten-Takt auf sechs Buslinien und einer Bahnlinie eingeführt. Um den Busverkehr zu beschleunigen, wurde in der Essener Innenstadt eine Busspur gebaut. Auch durch den Bau und Ausbau von Fahrradstraßen und -achsen konnten bereits Anreize geschaffen werden, auf Bus und Bahn oder Fahrrad umzusteigen. Es werden mehr Lademöglichkeiten für E-Fahrzeuge geschaffen und intelligente Straßenbeleuchtungen (Smart Poles) eingesetzt. Dies sind nur einige Beispiele für die Maßnahmen, die ergriffen wurden und in der Zukunft weiter vorangetrieben werden. Eines der weitaus größten Projekte ist die angedachte Deckelung der BAB 40, sie soll in den lufthygienisch kritischen Bereichen in den vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans aufgenommen werden. Dafür setzen sich die Stadt Essen und das Land Nordrhein-Westfalen gegenüber der Bundesrepublik Deutschland ein.

6. Lärmminderung

Die Lärmbelastung in einer pulsierenden Großstadt wie der Stadt Essen gering zu halten, ist eine Herausforderung. Angesetzt wird dabei unter anderem durch einen Lärmaktionsplan gleich an mehreren Punkten: Einsatz von lärmminderndem Asphalt, Senkung von Lärm in Kurvenbereichen der Straßenbahnen, Bau von Lärmschutzwänden an Autobahnen und Bahnstrecken oder auch Einflussnahme auf Flugbewegungen am Flughafen Essen/Mülheim. Um die Lärmbelastung an sensiblen Einrichtungen zu mindern, hat die Essener Verkehrsbehörde in den letzten Jahren an 271 Kindergärten, 214 Schulen, 75 Seniorenheimen und 16 Krankenhäusern Teil-Zonen mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h eingerichtet. Auch der Bau und Ausbau weiterer Radwege und Fahrradstraßen und die Ausweitung des ÖPNV-Angebots sorgen für eine leisere Fortbewegung durch die Stadt.

Die Umgebung leiser zu gestalten, ist das eine. Die Schaffung und vor allem der Erhalt von ruhigen Gebieten in der Stadt ist noch etwas anderes. Sie sollen und müssen besonders geschützt werden. Durch den Bau neuer Anlaufpunkte in der Stadt, wie beispielsweise des BürgerRatHauses oder durch die Entstehung eines ganz neuen Stadtteils ESSEN.51 kommen neue Lärmpunkte hinzu. Dies muss bei der städtischen Planung immer bedacht werden und macht auch für die Zukunft weitere Maßnahmen zur Lärmminderung notwendig.

7. Abfallmanagement

Um die Abfallentsorgung kümmert sich die Entsorgungsbetriebe Essen GmbH (EBE) im Auftrag der Stadt Essen. Die Stadt Essen hält 51 Prozent der EBE, die Firma Remondis 49 Prozent. Der Umgang mit Müll in der Stadt ist sehr unterschiedlich und hängt oft nicht nur von soziodemografischen Bedingungen ab, sondern ist auch von räumlichen und finanziellen Möglichkeiten abhängig – sowohl bei den Bürger*innen als auch bei der Stadt Essen als Auftraggeberin selbst.

Die Recyclingquote ist beispielsweise seit 2013 kontinuierlich gestiegen, aber mit zuletzt 42,29 Prozent weit vom Zielwert von 65 Prozent entfernt. Die Mengen der Abfälle aus privaten Haushalten und der Siedlungsabfälle sind parallel dazu seit 2013 gesunken, sowohl absolut als auch pro Kopf. Die Glassammelquoten sind erfreulicherweise seit Jahren, trotz zunehmender Verpackungen aus Kunststoff, stabil bei 14 Kilogramm pro Einwohner und Jahr (kg/EW/a). Das flächendeckende Angebot an Glassammelcontainern hat sich bewährt und wird von den Bürger*innen gut angenommen. Eine Herausforderung sind beispielsweise dabei das Altpapier und vor allem die Versandkartonagen durch den zunehmenden Online-Versandhandel. Die Kartonagen brauchen große Sammelbehälter, die häufig geleert werden müssen.

Wichtig im Umgang mit der Abfallentsorgung ist für die Stadt Essen vor allem die Beratung und Aufklärungsarbeit. Beim Aktionsplan Sauberkeit wurden beispielsweise „Mitmach-Arbeitsgemeinschaften“ in Schulen durchgeführt.

Auf diese Weise konnten die Schüler*innen die Kreisläufe der Abfallwirtschaft verstehen und ihnen die Bedeutung von Abfall als wertvolle Ressource erklärt werden. Die Ehrenamtsagentur als zertifiziertes Kompetenzzentrum wird diese Projekte im Netzwerk „Service-Learning“ weiterführen.

Außerdem soll unter anderem der Hauptreyclinghof an der Lierfeldstraße verlegt werden, damit er besser angefahren werden und mehr Abfall aufnehmen kann. Auch eine zusätzliche Recyclingstation im Südosten der Stadt Essen ist geplant.

8. Wasserwirtschaft

In der Stadt Essen wird eine der modernsten Wasser-Aufbereitungsanlagen Europas betrieben: Das Verbundwasserwerk Essen. Das gewonnene Wasser (vor allem aus der Ruhr) wird über Pumpwerke bzw. Aufbereitungsanlagen mit modernen Filter-Systemen (unter anderem Aktivkohlefilter, physikalische Entsäuerung, UV-Desinfektion) so gereinigt, dass das Wasser zum Trinkwasser wird. Die Qualität des Essener Trinkwassers erfüllt dabei nicht nur die Anforderungen der strengen deutschen Trinkwasserverordnung – sie geht weit über die gesetzlichen Vorgaben hinaus. Es kann uneingeschränkt und bedenkenlos getrunken und gebraucht werden.

Das untere Bild zeigt die Wasseraufbereitungsanlage in Überruhr (WAA I). Dort durchläuft das Wasser die sogenannten Aufbereitungsstufen Ozonung, Flockung (bedarfsweise) und Mehrschichtfiltration. Anschließend fließt es in die neue Wasseraufbereitungsanlage (WAA II) in Überruhr.

Die Bemühungen für eine effiziente und nachhaltige Wasserwirtschaft zahlen sich immer mehr aus: Beispielsweise konnte 2017 nach über 40 Jahren Badeverbot an der Unteren Ruhr die Badestelle „Seaside Beach“ am Baldeneysee eröffnet werden.

Seitdem kommt sie nicht nur bei den Bürger*innen gut an, auch überregional stößt die Badestelle auf großes Interesse. Andere Städte überlegen, ähnliche Badestellen in ihrer Stadt einzurichten.

Das Fischliftsystem am Wehr des Baldeneysees ist beispielsweise eine Maßnahme, die dabei hilft, Gewässer ökologisch weiter zu entwickeln und zu renaturieren. Das Pilotprojekt eröffnet vielen Tieren und Pflanzen neue natürliche Lebensräume. Ein weiteres Projekt mit ähnlich positiver Wirkung: Im Deilbachtal an der Essener Stadtgrenze besitzt der Ruhrverband ein sieben Hektar großes Areal (entspricht etwa zehn Fußballfeldern), das früher intensiv als Mähwiese genutzt wurde. Diese Fläche wird nun zu einem Auenstandort umgestaltet. Ziel ist es, einen artenreichen, mit dem Deilbach eng vernetzten und sich dynamisch entwickelnden Lebensraum zu schaffen.

Für die Zukunft ist klar, dass der Kampf weltweit um nutz- und trinkbares Wasser immer größer wird. Die Ressource Wasser ist ein lebenswichtiges kostbares Gut, dem jede*r Einzelne und die Stadt Essen mit besonderer Aufmerksamkeit, Kreativität, innovativen Lösungen und mehr Flexibilität begegnen muss. Bisher laufendende Projekte werden deshalb nicht nur fortgesetzt, sondern es werden auch stetig neue entwickelt und weitere Maßnahmen und Ideen vorangetrieben.

9. Abwasserwirtschaft

Ein zentrales Projekt – in dieser Größe in Europa einzigartig – ist der Umbau und die Renaturierung der Emscher. In den zentralen Fluss im Ruhrgebiet wurden jahrzehntelang die Abwässer der Umgebung eingeleitet. Seit 1992 wurde damit begonnen, die Emscher wieder zu einem natürlichen, von Abwasser befreiten, Fluss zu machen. Der Bau des dafür notwendigen 436 Kilometer langen Abwasserkanals (AKE) steht kurz vor dem Abschluss. Die Emscher ist damit wieder ein natürlicher, attraktiver Lebensraum für Mensch und Tier.

Als Teil des Generationenprojektes Emscher-Umbau renaturiert die Emschergenossenschaft auch den Borbecker Mühlenbach. Auch hier werden die Abwässer aus dem Mittellauf des Gewässers von der Stadtgrenze zu Mülheim bis nach Essen-Altendorf/Bergeborbeck verbannt.

Ein weiteres Projekt im Bereich der Abwasserwirtschaft ist beispielsweise der Bau von Baumrigolen. Die Rigole ist dabei eine unterirdisch unter dem Baum eingebrachte 12 Kubikmeter große Kammer, in die Regenwasser geleitet wird. Sie dient nicht nur als Wurzelraum, sondern sorgt vor allem für eine verbesserte Wässerung des Baumes. Außerdem läuft dadurch weniger Regenwasser in den Abwasserkanal. Als Pilotprojekt wurden die Baumrigolen bisher in zwei Wohnstraßen eingebracht (Baumblüte, Nieberdingstraße). Viele weitere Projekte, wie etwa die Initiative „Essen macht’s klar – weniger Medikamente im Abwasser“ oder die Dachbegrünung werden in der Zukunft ebenfalls vorangetrieben.

10. Öko-Innovation und Beschäftigung

Umweltschutz und Klima-Projekte sind immer auch eine Chance, neue Arbeitsplätze zu schaffen und mit neuen Innovationen die Wirtschaft voranzubringen. Die Umweltwirtschaft in Essen wird deshalb gezielt ausgebaut. Sowohl bei Start-ups, Kleinen und Mittleren Unternehmen (KMU) und Konzernen soll sich die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs in diesem Sektor („Green Jobs“) bis 2025 auf etwa 20.000 erhöhen. Dabei werden nicht nur bereits bestehende Unternehmen begleitet, sondern vor allem auch grüne Start-ups mit innovativen Projekten unterstützt.

Greentech.Ruhr beispielsweise ist ein Netzwerk innovativer Firmen, Forschungs- und Bildungseinrichtungen sowie diverser öffentlicher Einrichtungen der Umweltwirtschaft in der Metropole Ruhr. Seit 2016 unterstützt die EWG das Projekt. Das Netzwerk hat mittlerweile über 181 Mitglieder, davon 52 aus Essen. Zukunftsweisende Projekte beim Thema Smart City sind genauso Thema wie die Förderung der E-Mobilität in der Stadt. Die Forschung zu Wasserstoff ist ebenfalls ein zukunftsträchtiger Bereich, der neue Arbeitsplätze schafft. Seit Oktober 2021 arbeitet in Essen offiziell das Team des H2UB – der perspektivisch ins Colosseum, der zukünftigen Start-up-Schmiede, ziehen wird. Der H2UB ist der erste Wasserstoff-Innovations-Hub Europas, der weitere Akteure aus der Wasserstoff-Wirtschaft zusammenbringen will. Damit untermauert Essen seine Rolle als Energie- und Zukunftshauptstadt: Essen ist H2-Start-up-Standort, H2-Thinktank und Sitz der Wasserstoff-Macher.

11. Erneuerbare Energien und Effizienz

Die Nutzung von Kohleenergie (Braunkohle und Steinkohle) oder auch von den Kraftstoffen Diesel und Benzin geht in der Stadt Essen seit Jahren immer weiter zurück. Stattdessen werden immer häufiger alternative Energieträger genutzt, wie beispielsweise Biogase, Sonnenkollektoren und Umweltwärme. Nicht nur im privaten Haushalt, auch im öffentlichen Raum werden außerdem vermehrt LED-Leuchten eingesetzt, beispielweise bei Straßenlaternen.

Ein beispielhaftes Projekt für erneuerbare Energie und Effizienz im Bereich Schule ist der geplante Neubau des Gymnasiums Essen Nord-Ost. Das Schulgebäude soll den Grundsätzen des nachhaltigen Bauens entsprechen: Für das Tragsystem und die Fassaden kommt Holz als nachwachsender Rohstoff zum Einsatz, eine Konstruktion der wärmeübertragenden Gebäudehülle. Der Neubau soll an das Fernwärmenetz der Stadt Essen angeschlossen werden. Es ist vorgesehen, das Energiekonzept durch die Nutzung regenerativer Energien zu ergänzen.

Um die vielen Ideen und geplanten Maßnahmen im Bereich erneuerbare Energien und Klima koordiniert anzugehen, ist ein Aktionsplan erforderlich, der sogenannte SECAP. Themen sind dabei dann unter anderem die energetische Altbausanierung, der energieeffiziente Umgang mit Strom und der Ausbau erneuerbarer Energien. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf dem Ausbau der Photovoltaik. Dies gilt nicht nur für die Dächer von Mehrfamilienhäusern, sondern in großem Maße auch für städtische Dächer.

12. Integriertes Umweltmanagement

Mit der Gründung der Grünen Hauptstadt Agentur (GHA) hat die Stadt Essen den Grundstein dafür gelegt, Klima- und Umweltschutzprojekte in der Stadt weiter voranzutreiben. Sie ist der Knotenpunkt für entsprechende klimapolitische Ziele und Maßnahmen und dient auch als Ansprechpartnerin für Unternehmen, Verbände und Bürger*innen. Der „Fortschrittsbericht der Grünen Hauptstadt“ zeigt, wie Klimaschutz, Mobilitäts- und Energiewende und die Anpassung an die Folgen des Klimawandels alle Bereiche der Stadt und des Lebens in der Stadt betreffen. Dementsprechend sind die dafür bereitgestellten Haushaltsmittel extrem weit gefächert: Von der Schaffung erforderlicher Wissensgrundlagen, wie beispielsweise der Erstellung eines dynamischen Wärmekatasters, über Fragen der mittel- und langfristigen Stadtentwicklung, wie zum Beispiel dem Rückbau von Hitzeinseln oder der Schaffung von Überflutungsflächen für Starkregenereignisse, bis hin zur Planung und zum Bau intelligenter Verkehrsachsen als Voraussetzung für eine gelungene Mobilitätswende.

Diese Herausforderungen erfordern ein effizientes und abgestimmtes Handeln. Ein Hilfsmittel dabei ist der European Energy Award (eea). Es ist ein europaweites Qualitätsmanagementsystem und Zertifizierungsverfahren, mit dem die Klimaschutzaktivitäten in Kommunen regelmäßig erfasst, bewertet und gesteuert werden. Die Stadt Essen nimmt seit 2008 am eea teil. Beim Projekt Global Nachhaltige Kommune NRW (GNK NRW) entwickelt die Stadt Essen außerdem seit 2019 als eine von 15 Modellkommunen in NRW eine integrierte kommunale Nachhaltigkeitsstrategie.

In den kommenden Jahren werden weitere Fortschrittsberichte der Grünen Hauptstadt Agentur (GHA) folgen. Mit der Preisverleihung hat sich die Stadt Essen 2017 zu einer solchen Wirkungsanalyse vor der Europäischen Kommission verpflichtet. Die Stadt Essen ist sich ihrer Verantwortung für die Bürger*innen bewusst. Einmal Grüne Hauptstadt – immer Grüne Hauptstadt.

Den vollständigen ersten Fortschrittsbericht finden Sie hier (pdf, 28027 kB) ReadSpeaker.


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