Die Stadt Essen ist seit 1995 Mitglied der "Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundliche Städte, Gemeiden und Kreise und Gemeinden in NRW e.V.". In den zurückliegenden Jahren hat die Stadt Essen ihr Radverkehrsnetz auf über 500 Kilometer ausgebaut. Zahlreiche interessante Fahrradrouten wurden - teils über ehemalige Bahntrassen - konzipiert.
In der Bewerbung zur Grünen Hauptstadt Europas formulierte die Stadt im Jahr 2014 das Ziel, einen Modal-Split bis 2035 auf 4 x 25 Prozent zu entwickeln. Die Verkehrswende und Gleichberechtigung aller Mobilitätsarten bis zum Jahr 2035 ist das Ziel: jeweils 25 Prozent aller Bürger*innen sollen bis dahin das Fahrrad, den ÖPNV beziehungsweise das Auto nutzen oder zu Fuß gehen.
Seit Anfang 2022 ist die Verwaltung in einem mehrstufigen Prozess dabei, einen zeitgemäßen Mobilitätsplan zu erarbeiten (Pressemitteilung 24.09.2025).
Ein wichtiger Baustein auf diesem Weg ist die Förderung des Radverkehrs, die nicht nur über Infrastruktur, sondern auch durch konkrete Impulse in der Arbeitswelt umgesetzt wird. Hier setzt das Projekt „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ an: es unterstützt Unternehmen dabei, Rahmenbedingungen für Radmobilität zu schaffen und ihre Mitarbeitenden zum Umstieg aufs Fahrrad zu motivieren.
Seit 2017 begleitet die Grüne Hauptstadt Agentur der Stadt Essen gemeinsam mit der EWG - Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH, dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub ADFC und dem Arbeitskreis Fahrradfreundlicher Arbeitgeber in Essen (AK FF AG) Betriebe auf dem Weg zur Zertifizierung. Über Workshops, Beratung und direkte Begleitung werden Arbeitgeber sensibilisiert und befähigt, eigene Maßnahmen für eine fahrradfreundliche Unternehmenskultur zu entwickeln und umzusetzen. Mehr als 40 Unternehmen konnten seither mit dem Siegel „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ in Silber oder Gold ausgezeichnet werden. Die Re-Zertifizierungsquote liegt bei 90 Prozent – ein Beleg dafür, dass die zertifizierten Unternehmen die Radkultur nachhaltig in ihrer Organisation verankern.
Zudem unterstützt die Stadt Essen die Zertifizierung finanziell mit einem Zuschuss. Die Wirkungen sind messbar: Jeder vom Auto aufs Rad verlagerte Kilometer spart etwa 130 Gramm CO₂. Bereits eine Verlagerung von nur einem Prozent aller Wege könnte in Essen jährlich rund 9.300 Tonnen CO₂ einsparen. Darüber hinaus sind die positiven Effekte auf Gesundheit, Motivation und Arbeitgeberattraktivität nachweisbar..
Die Maßnahmen, die Essener Arbeitgeber im Rahmen der Zertifizierung umsetzen, reichen von sicherer und überdachter Radabstellinfrastruktur mit barrierefreiem Zugang, Spinden, Duschen und Umkleiden über Serviceangebote wie Reparaturstationen, Diensträder oder Leasingmodelle bis hin zu organisatorischen Maßnahmen wie der Benennung eines/r Radverkehrsbeauftragten und der Teilnahme an Aktionen wie „Stadtradeln“. Hinzu kommen Anreize wie Zuschüsse für nachhaltige Mobilität, Parkraummanagement oder attraktive Angebote für Mitarbeitende und Besuchende und Gäste. Auch die Gesundheitsförderung wird einbezogen, etwa durch Radlerfrühstücke, gemeinsame Radtouren, interne Wettbewerbe oder Informationskampagnen. Zertifizierungen als Fahrradfreundlicher Arbeitgeber in Bronze, Silber oder Gold (gültig für drei Jahre) durch den ADFC gewährleisten die Qualität und einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess.
Für Arbeitgeber bringt die Zertifizierung messbare Vorteile. Radfahrende Mitarbeitende sind gesünder und fehlen seltener, was die Produktivität steigert. Zugleich erhöht ein fahrradfreundliches Profil die Attraktivität im Wettbewerb um Fachkräfte und senkt Kosten für Parkraum, Gesundheit und Mobilität. Unternehmen leisten außerdem einen aktiven Beitrag zu Klimaschutz und Nachhaltigkeit, stärken ihr Image nach außen und fördern zugleich Motivation und Gemeinschaftskultur nach innen.
Fahrradfreundliche Arbeitgeber*innen - Hintergrund
Das EU-weite Siegel "Zertifizierter Fahrradfreundlicher Arbeitgeber" wird in Deutschland exklusiv vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) vergeben. Europäische Union und ADFC haben einheitliche Kriterien festgelegt, die Unternehmen helfen sollen, das EU-Zertifikat in den Abstufungen Gold, Silber und Bronze zu erreichen.
Die Aktion "Fahrradfreundliche*r Arbeitgeber*in" leistet einen wichtigen Beitrag, die nachhaltige Mobilität in Essen zu steigern.
Die Stadt Essen - das Rathaus
Ein Konzept zur Förderung der Fahrradnutzung von Beschäftigten im Konzern Stadt Essen wurde im Jahr 2018 vorgestellt und von den entsprechenden Ratsgremien verabschiedet.
Über diese grundsätzlichen Rahmenbedingungen hinaus werden nun den Mitarbeiterinnen*Mitarbeitern der Stadtverwaltung zahlreiche weitere Angebote zur Verfügung gestellt.
Seit 2019 ist das Essener Rathaus als "Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ zertifiziert, zuletzt wurde es 2025 erneut mit Gold rezertifiziert, und damit eines von derzeit mehr als 40 zertifizierten Unternehmensstätten in Essen . Damit ist Essen Spitzenreiter in Deutschland. Weitere Unternehmen planen eine Zertifizierung.
Die umweltfreundliche Mobilität steht nicht nur bei der Stadt Essen als Arbeitgeberin im besonderen Fokus. Als emissionsfreies und leises Verkehrsmittel ist das Fahrrad als umweltgerechtes Fortbewegungsmittel auch für weitere Arbeitgeber*innen in Essen von besonderem Interesse.
Drei Schritte zur Zertifizierung
Interessierte Unternehmen können auf Fahrradfreundlicher Arbeitgeber mit einem Selbsttest herausfinden, ob bereits eine Zertifizierung möglich ist oder ob weitere Maßnahmen erforderlich sind. Es folgt die Anmeldung des Betriebes zum Audit durch den ADFC-Auditor. Er überprüft vor Ort die bestehenden Angebote und berät über ergänzende Möglichkeiten zur Optimierung. Ist das Ergebnis des Audits positiv, erhält der Betrieb das Qualitätssiegel "Zertifizierter Fahrradfreundlicher Arbeitgeber" in Bronze, Silber oder Gold.
Die Zertifizierung ist für drei Jahre gültig.
Was ist ein fahrradfreundlicher Betrieb?
Grundvoraussetzung für die Zertifizierung ist die Benennung einer betrieblichen Mobilitäts-/Radverkehrskoordinatorin, bzw. eines Mobilitäts-/Radverkehrskoordinators als zentrale Ansprechperson. Bewertet wird die Fahrradfreundlichkeit in sechs Aktionsfeldern. Punkte bringen beispielsweise die Teilnahme an der Kampagne "Mit dem Rad zur Arbeit", regelmäßige Aktionen wie "Radlerfrühstück", individuelle Streckenberatung oder Betriebsausflüge mit dem Rad. Im Bereich Infrastruktur liegen Arbeitgeber*innen richtig, wenn sie die ausreichend vorhandenen Fahrradparkplätze überdachen, beleuchten, barrierefrei gestalten und nah am Eingang anlegen. Umkleidemöglichkeiten und Duschen zählen ebenfalls. Im Bereich Service punkten Angebote für die Fahrradreparatur, saisonale Fahrrad-Checks oder die Anschaffung von Diensträdern. Im Bereich Koordination können Arbeitgeber*innen mit dem Einsatz von Rädern, Lastenrädern oder Fahrradanhängern in der eigenen Logistik punkten. Beim Parkraummanagement gibt es Punkte, wenn die Alternativen gegenüber dem PKW-Parken privilegiert werden, beispielsweise indem PKW-Parkplätze kostenpflichtig sind. Zertifizierungsrelevant sind auch vergünstigte Angebote für alternative Mobilitätsformen, also für ÖPNV, Bahn und Car- oder Bike-Sharing. Bei Firmen oder Einrichtungen mit Kundenbetrieb wird positiv bewertet, wenn es Fahrradparkplätze und Fahrrad-Motivationsprogramme für Kundinnen*Kunden gibt.
Vorteile für Arbeitgeber*innen- Zwei Tage weniger krank, schlanker und glücklicher
Arbeitnehmer*innen, die zu Fuß oder mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen, sind durchschnittlich zwei Tage pro Jahr weniger krank, als solche, die das Auto oder den ÖPNV wählen. Das hat die Studie "Mobilität und Gesundheit" von EcoLibro und der AG Mobilitätsforschung der Universität Frankfurt ergeben. Dabei ist es für den Gesundheitseffekt besonders günstig, wenn man sich ganzjährig für den aktiven Arbeitsweg entscheidet, reine "Sommerradler*innen" haben bei den Krankheitstagen kaum positive Effekte.
Als Fahrradfreundliche*r Arbeitgeber*in erhöhen Arbeitgeber*innen ihre Attraktivität, tragen zur Gesundheit der Mitarbeiter*innen und zum Umweltschutz bei und senken gleichzeitig ihre Kosten.
Der Essener Weg der fahrradfreundlichen Arbietgeber: der "Arbeitskreis Fahrradfreundlicher Arbeitgeber in Essen
Eine besondere Stärke des Essener Projekts ist der 2019 gegründete „Arbeitskreis Fahrradfreundlicher Arbeitgeber in Essen“. Mit über 60 Mitgliedern – von Unternehmen über Verbände bis hin zu öffentlichen Einrichtungen – ist er bundesweit einzigartig. Der Arbeitskreis trifft sich dreimal jährlich bei wechselnden Gastgebern, tauscht Best-Practice-Beispiele aus, motiviert neue Arbeitgeber zur Teilnahme und unterstützt sich gegenseitig bei Zertifizierungen. Öffentlich sichtbar wird die Arbeit unter anderem durch Auftritte bei der Messe Fahrrad Essen oder durch Projekte wie die Entwicklung der „Essener Energieroute“, die 2022/2023 vorgestellt wurde. Damit ist eine lebendige Community of Practice entstanden, die weit über Essen hinauswirkt.
Das Projekt leistet einen direkten Beitrag zu mehreren Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen. Es fördert Gesundheit und Wohlbefinden (SDG 3), unterstützt nachhaltige Städte und Gemeinden (SDG 11), trägt zur Reduzierung von Emissionen bei und stärkt den Klimaschutz (SDG 13). Zugleich steigert es Arbeitgeberattraktivität und Wettbewerbsfähigkeit (SDG 8), verbessert die Infrastruktur für nachhaltige Mobilität (SDG 9) und schafft kostengünstige Teilhabemöglichkeiten, die Chancengleichheit fördern (SDG 10). Das Projekt ist fest in die Essener Nachhaltigkeitsstrategie eingebettet und konkret mit dem operativen Ziel „Mobilitätsmanagement / Alternative Antriebe“ verknüpft.
Mit dem Projekt „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ und dem bundesweit einzigartigen Arbeitskreis hat Essen einen wirksamen Hebel für die Verkehrswende entwickelt. Das Projekt verbindet Klimaschutz, Gesundheitsförderung, Arbeitgeberattraktivität und städtische Lebensqualität und trägt entscheidend dazu bei, das Modal-Split-Ziel für 2035 zu erreichen.
Essen zeigt, wie Verwaltung, Wirtschaft, Verbände und Zivilgesellschaft gemeinsam ein erfolgreiches und nachhaltiges Mobilitätsprojekt gestalten können – ein echter Essener Weg in eine fahrradfreundliche Zukunft.
Die Auszeichnungen
Für ihre Aktivitäten und Maßnahmen wurde die Stadt Essen im November 2021 als „Klimaaktive Kommune 2021“ mit dem Projekt „Förderung fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ ausgezeichnet.
Das Bundesumweltministerium und das Deutsche Institut für Urbanistik (Difu) haben die mit 25.000 Euro Preisgeld dotierte bundesweite Auszeichnung im Rahmen der Kommunalen Klimakonferenz 2021 in Berlin an insgesamt 9 Städte, Gemeinden und Landkreise für außerordentliches Klimaschutzengagement vergeben.
Die weltweit größte und bekannteste Interessenvertretung für Radfahrer*innen, die European Cyclist Federation (ECF), hat die Stadt Essen 2023 im Rahmen der Messe Velo-City in Leipzig für das Projekt "Fahrradfreundlicher Arbeitgeber" mit dem ECF Award ausgezeichnet. „Die Stadt Essen ist auf ihrem Gebiet wirklich eine Ausnahmeerscheinung. Nachdem sie im Jahr 2019 die Zertifizierung „Fahrradfreundlicher Arbeitgeber“ in Silber erhalten hat, wurde sie im Rahmen ihrer kontinuierlichen Bemühungen im Jahr 2022 mit dem Zertifikat in Gold ausgezeichnet. Als großartiges Beispiel für „Leading the Transition“ haben sie andere lokale ECF-Unternehmen gesponsert und ihre Kräfte gebündelt…“